2024 | ||
<<< | Dezember | >>> |
Mo | Di | Mi | Do | Fr | Sa | So |
01 | ||||||
02 | 03 | 04 | 05 | 06 | 07 | 08 |
09 | 10 | 11 | 12 | 13 | 14 | 15 |
16 | 17 | 18 | 19 | 20 | 21 | 22 |
23 | 24 | 25 | 26 | 27 | 28 | 29 |
30 | 31 |
Annie, meine Annie...
(† 11.05.2012)
Die Sache der Tiere
steht für mich höher
als die Sorge,
mich lächerlich zu machen.
Sie ist unlösbar verknüpft
mit der Sache des Menschen,
und zwar in einem Maße,
dass jede Verbesserung in
unserer Beziehung zur Tierwelt
unfehlbar einen Fortschritt
auf dem Wege zum
menschlichen Glück
bedeuten muss!
Emile Zola
Online seit dem: 30.07.2003
in Tagen: 7816
Ausgewählter Beitrag
Heimkehr der verlorenen Kinder
Natürlich ist man zunächst bestürzt und fragt sich,
was man eigentlich so sehr verpasst haben sollte – immerhin ist
man ja irgendwie auch befreundet und "sieht sich", zumindest bei Facebook, doch
sehr regelmäßig. Dass man vom anderen trotzdem nicht viel weiß, nicht hinter
die Kulissen schauen kann und auch gar nicht will – schließlich kann und will
man eine Vermittlung ja nicht alle halbe Jahre in Frage stellen, nur weil sich
irgendwas im Leben der Person geändert hat, denn das tut es ja bei uns auch
andauernd – merkt man erst, wenn die "Kacke schon am dampfen ist". Und auch,
dass eben nicht jeder Mensch, sei er noch so lieb zu Tieren und auch bemüht,
sein Leben, egal, wie sehr es sich ändert, auch und immer auf die Bedürfnisse
derselben ausrichtet. Überhaupt scheint das Erscheinen von Kindern im Leben die
Prioritäten dermaßen zu verändern, dass nicht selten die Tiere, waren sie doch
einst die "ersten Babys" einer jungen Frau, unvermittelt in die zweite oder
dritte Reihe rutschen. Und dass so manche Katze plötzlich die Wohnung mit ihrem
Urin verschönert, ist nur die Folge dessen und nicht etwa die Folge der
Kindeserscheinung selbst! Aber das nur am Rande.
Verurteilungen helfen hier so wenig wie überall im Leben. Jeder Mensch meistert
eine schwierige Lebenssituation so gut, er kann. Besser kann er es in diesem
Moment nicht. Ich bin also weder ärgerlich noch wütend auf die Tierbesitzerin.
Aber ich frage mich ganz heimlich, ob ich damals irgendwas übersehen habe. Ihre
Jungend? Die Tatsache, dass ich nicht gefragt habe, wie viele zu dem bereits
vorhandenen Kind noch dazu kommen würden? Ab wann man sich dann für eine größere
Wohnung entscheiden würde können?
Ich sah einfach eine junge, sehr ausgeglichene Frau mit Träumen, wie wir sie
alle haben. Sie wollte lieber heute als morgen mit ihrem Sohn auf dem Land
wohnen und irgendwann würde sie das auch schaffen. Sie hatte die Wohnung gerade
neu bezogen und entschuldigte sich für noch fehlende Möbel. Nun, wir haben alle
mal angefangen. Auch mehrmals im Leben – was mich betrifft. Sie würde es ihrer kleinen Familie schön
machen, da war ich sicher. Und den kleinen Balkon katzensicher. Reine Wohnungshaltung,
da war noch bisschen was zu tun, aber das würde schon werden, mit der Zeit.
Geliebt würden die beiden Katzen, das war klar.
Als nun, 5 Tage vor Weihnachten, die Zauberworte "Abgabe" und "es wäre
besser" meinen Sehnerv trafen, wusste ich, dass es an solchen Stellen im Leben
wenig Spielraum für Diskussionen gab. Man musste handeln. Menschen verloren in
solchen Momenten urplötzlich die Nerven und wo ich die beiden ehemaligen
Katzenkinder keinesfalls sitzen sehen wollte, war das Tierheim. Auch kann man
sich denken, dass eine junge Frau mit vielen Kontakten ganz sicher schon
versucht hatte, die Tiere gut unterzubringen. Und das ist nämlich ganz und gar
nicht einfach! Schon gar nicht zu zweit! Also packte ich eine Box ins Auto und
fuhr los, die "verlorenen Kinder" heim zu holen. Das hatte ich ihnen vor 4
Jahren versprochen. Auch wenn ich niemals dachte, ich müsste dieses Versprechen
mal halten.
Was ich vorfand, war eine Wohnung, gefüllt mit Dingen, die man für Kinder
benötigt, mit Wäscheständern und einem Esstisch voller Wäsche, einen nach vier
Jahren noch immer nicht gesicherten Balkon, geschlossene Kinderzimmertüren, ein
kleines Katzenklo im Flur und ansonsten: NICHTS, was darauf hinweisen könnte,
dass in dieser Wohnung zwei Katzen wohnen. Kein Kratzbaum, kein Kratzmöbel,
keine Kuschelhöhle, nichts von alledem. Vermutlich war in der Wohnung mit
nunmehr drei Kindern in der Tat gar kein Platz für sowas. Aber es waren vier
Jahre vergangen und Kinder kommen ja auch nicht so ganz überraschend!? Man habe
einfach keine andere Wohnung gefunden, die man bezahlen könne. Die Katzen hatten
also ein Wohnzimmer mit offener Küche und einen schmalen, kleinen Flur als „Auslauf“
und Aufenthaltsort. Das alles entsprechend voll gestellt. Die dreidimensionale
Lebensweise der Katze fand hier keinerlei Beachtung. Nicht mal ein Schrank im
Wohnzimmer, auf den man hätte klettern können, um einen guten
Beobachtungsposten zu haben, konnte ich entdecken.
Ich bin nicht ärgerlich auf diese Menschen. Sie wissen es einfach nicht besser.
Im Gegenteil, ich bin sehr froh, dass sie mich jetzt zu Hilfe gerufen haben.
Ich bin nur ein wenig traurig, dass sie es nicht schon vor 2 Jahren gemacht
haben. Aber alles hat ja seinen Sinn.
Die Frau, der ich die Tiere so voller Vertrauen vor vier Jahren gab, weinte. Sie fühle sich sehr schlecht deshalb, aber sie könne nicht mehr. Der größere Sohn kompensierte diese komische Situation mit starrem Blick auf einen Gameboy. Die mittlere Tochter wackelte umher und spielte Verstecken mit mir. Sie kann noch nicht verstehen, was da passiert ist. Das Baby schlief. Ich werde mit den Worten "Wir bleiben auf jeden Fall in Verbindung" verabschiedet und denke "Na, mal sehen. Das möchte ich gern noch mal selbst entscheiden…" Auf der Rückfahrt wird mir klar, dass ich dieser Frau eigentlich dankbar sein muss. Sie hätte es einfach so weiter laufen lassen können, für die Tiere unsäglich. Ich schaue auf die beiden in der Box und denke: Das wird der letzte Umzug sein. Wer nach vier Jahren zurückkommt, wird einen vom Universum gefalteten Plan im Fell haben. Es gibt nun also zwei alte, neue Jatzkowskis - Zambu und Susi.
Gestern Abend dann, nachdem Zambu den Kratzbaum (was ist das?) ausgiebig bestaunt und die Hunde, die er als Kleiner so gut kannte, mal kräftig angeknurrt hatte, habe ich alte Fotos raus gesucht. Susi war eine Katze von einem verwaisten Wurf aus drei Geschwistern. Paul und Anton gingen zusammen. Susi blieb lange übrig, ich wollte sie keinesfalls als Katzenbaby irgendwo hin alleine vermitteln, und sie war schon längst kein Baby mehr, als ich sie zusammen mit Zambu abgab. Sie hatten sich bei mir kennen und lieben gelernt. Und nur, weil Susi und Zambu so sehr aneinander hingen, habe ich das überhaupt gemacht. Okay, Zambu hatte als junger Kater auch ADHS und hat meine Alten damals ganz schön genervt. Aber ich hatte ihn selbst adoptiert. Nur Susi sollte eigentlich in gute Hände gegeben werden, und sie auch noch zu behalten?… Na ja, die Vernunft. Und irgendwie hatte auch das ganz sicher seinen Sinn. Ich habe danach noch so einigen kleinen Fellkindern geholfen, das hätte ich vielleicht nicht getan, wegen "zu viele". Heute pflege ich keine Katzenwürfe mehr, heute hole ich nur noch die „Verlorenen Kinder“ nach Hause. Es kommt, wie es kommen soll. Ich bin zum zweiten Mal im Leben ganz verliebt in die beiden und hege die intensive Hoffnung, dass wir mit diesen beiden zusammen eine so harmonische Gesellschaft bleiben, wie wir sie jetzt schon sind. Welcome home und Fröhliche Weihnachten!
Und so sahen sie aus, damals.... als sie noch klein waren.
Betty 22.12.2015, 17.33
Kein Kommentar zu diesem Beitrag vorhanden